Port Gentil Teil 2
Am Abend setzte mich ein Franzose mit dem Zodiak zur Golden Harvest über. Er nannte den Strandabschnitt, wo wir lagen, »Dajü«. Dort gab es lediglich ein paar Wochenendhäuschen unter den Palmen. Er musste gleich weiter. Keine Zeit: »C’est la vie!«

Ich war endlich wieder allein, konnte in Ruhe nachdenken und angeln. Für Momo und Elise lag das Dingi am Strand, damit ich nicht dauernd horchen musste, ob jemand gegen den Wind rief. Nach zwei Tagen meldete sich erneut der Magen. Durch das Grasrauchen konnte ich den Hunger mit Humor ertragen. Allein der Körper brauchte was Essbares. Es gab jedoch keine Fische in dieser sandigen Bucht, sodass ich schließlich auf die Idee kam, den Anker zu lichten, um den Schoner in bessere Jagdgründe treiben zu lassen, in Richtung Meer, wo leckere Salzwasserfische lebten, die großen Yellowtails und Barsche. Ich konnte sie schon in der Pfanne riechen. Diese Vorstellung brachte mich auf eine noch radikalere Idee.

Ich eilte in die master’s cabin zum Kartenschrank. Der war zwar fast vollständig geplündert, doch eine Karte des tropischen Atlantiks hatten sie übriggelassen. Es gab da eine Strömung mit zwei Knoten Geschwindigkeit. Die lief von Gabun nach Brasilien. Durch Lichten des Ankers würde die Golden Harvest vom Ogowe direkt auf den Südäquatorialstrom gelegt.

Ich errechnete, wie lange es dauern würde, bis der Schoner Brasilien erreichte, wenn ich das Schiff einfach treiben ließ, ohne Maschine und Segel: Zwei Monate durch die Niggerbreiten. Das Boot würde von der Strömung etwa 50 Seemeilen pro Tag westwärts getragen, 90 Kilometer in 24 Stunden. Nach etwa 60 Tagen wären die Inseln im Amazonas-Delta erreicht, wo es noch unberührte Paradiese gab. Es war die Chance, ein neues Leben anzufangen und die alte Identität zu löschen, falls es mir gelänge, auf einer der unbewohnten Inseln zu landen, wie einst die Bounty-Meuterer auf Pitcairn.

Mein Entschluss stand fest. Das einzige Problem blieb der Hunger. Es gab nur noch zehn Liter Wasser an Bord. Ich wusste, worauf ich mich einließ, wollte mich möglichst wenig bewegen, um Energie zu sparen. Die Katzen streiften mir um die Beine. Keine Zeit zum Schmusen. Ich stieg an Deck, um den Anker zu lichten. Die Ebbe hatte bereits eingesetzt und die Kette gespannt.

Meter für Meter näherte sich die Golden Harvest dem Tiefpunkt. Mir wurde schwindelig vor Anstrengung. Zum Schluss kam die Dünung zu Hilfe und hob die Flunken aus dem Grund. Auf einmal ging das Kurbeln leicht.