Libreville Teil 1
Zum Sonnenaufgang herrschte Flaute. Dünner Nebel lag über dem River. Vom südlichen Ufer her hörte man Affengebrüll und das Trompeten der Elefanten. Die Strömung ließ nach. Gegen neun Uhr war Tidengleichstand erreicht, »slack water«. Das Wasser lag ruhig wie ein Bergsee. Wir starteten die Maschine. Kris und Elise lichteten den Anker. Ich stand am Ruder. Roy und Momo versorgten Kati.

Libreville lag auf einer grünen Hügelkette am Nordufer des großen Flusses. Es blieb noch ein weiter Weg bis zum Strand. Wir hielten durch das Fernglas nach Masten Ausschau, auf der Suche nach dem Hafen. Später kamen zwei Speedboote auf uns zu gerast. Zodiaks mit Außenbordmotoren, deren Gedröhne von ungewöhnlich lauter Popmusik übertönt wurde. In den Booten saßen weiße Jungs, die wie Urlauber aussahen und freundlich winkten. Sie umrundeten johlend die Golden Harvest:
»Hey, hey, hey!«

Es schien wie ein Wunder. Wir hatten mit Soldaten gerechnet, Kanonenbooten der Küstenwache, mit allem möglichen, aber nicht mit so was. Momo und Elise fragten sich, wie sie das bewerten sollten. Roy legte die Hände an den Mund und rief:
»Port, port, where is the port?«

Die Jungs blieben auf Distanz. Sie zeigten vage nach Nordosten und verschwanden mit ihren lärmenden Gummigeräten in Richtung Küste.

Vor uns lag grünliches Brackwasser. Wir loteten drei Faden und wurden nervös. Durchs Fernglas war eine Mole zu erkennen, die etliche hundert Meter in den Fluss reichte, mit ein paar flachen Holzhäusern drauf und einem alten Kran. Davor ragten die Masten mehrerer kleiner Fischerboote auf. Eine Fahrrinne gab es nicht. Wellenbrecher aus schweren Felsbrocken schützten einen kleinen Yachthafen und die Kutter vor der Atlantikdünung. Wir bargen die Segel und lenzten die Bilgen. Roy suchte einen sicheren Liegeplatz. Ich sollte bei einem der Trawler längsseits gehen, doch die lagen bereits in Zweierreihe. So durchquerten wir die enge Passage zwischen den Schiffen, tuckerten wieder raus auf den Fluss und warfen fünf Kabellängen südöstlich der Mole den Anker.