Lagos Teil 11
Die Niederlassung der amerikanischen Baufirma bestand aus einem großen, klimatisierten Wohncontainer, der hinter einem Eisengitterzaun auf einem Gerüst lag. An der Straße steckte ein amerikanischer Briefkasten. Wir wurden von einem dicken Weißen mit Hosenträgern über dem Unterhemd hereingebeten. Er schüttelte uns die Hände, als würden wir uns kennen. Sein Name sei Norwood:
»Nice to meet you!«

Kris wollte erzählen, doch Norwood fiel ihm dauernd ins Wort. Er klagte sein Leid, verdrehte die Augen und verzog das Gesicht. Der Amerikaner kannte die Neger. Er wusste Bescheid. Ihm konnte man nichts mehr erzählen. Wenn er hier nicht so viel Geld kriegen würde, wäre er längst zurück in Texas. Lagos sei der Arsch der Welt. Das Fahrtgebiet malariaverseucht. Jeder zweite Konvoi seiner Firma würde von Piraten ausgeraubt. Wir dürften selbstverständlich mitfahren, müssten uns bei einem Überfall allerdings ruhig verhalten, weil uns die Neger sonst die Kehle durchschneiden würden. Er verdeutlichte das mit einer drastischen Geste. Ein unangenehmer Mensch.

Ich wusste, was er meinte. Als die Patria im Porto-Novo-Creek lag, konnten wir vom Peildeck aus einen Überfall der Flusspiraten auf einen Schubverband fotografieren. Plötzlich kamen knapp dreißig Einbäume aus dem Mangrovenwald und gingen längsseits. Sie trieben die Crew an Deck zusammen. Nach fünf Minuten war alles vorbei.

Im Porto-Novo-Creek und in Apapa schwammen viele Leichen. Die kamen wegen der Mole nicht aus dem Hafen. Sie wurden von Ebbe und Flut so lange hin und her getrieben, bis sie mit dem Verwesen fertig waren. Auf der Patria beobachteten wir jeden Abend einen sowjetischen Frachter beim Leichenversenken. Die Russen machten sich einen Spaß daraus, den Toten die Bäuche aufzuschießen. Der Amerikaner kannte das. Norwood wusste über jede Gräueltat Bescheid. Er mochte keine Afrikaner. Die würden einfach in den Tag hineinleben. Schrecklich! Die seien faul und würden zu nichts taugen.

Kris widersprach sofort und erzählte, dass Amerika seinen Reichtum der Arbeitskraft afrikanischer Sklaven verdanke. Norwood wollte davon nichts wissen. Das sei kommunistische Propaganda.