Lagos Teil 6
Ismael führte mich weg von der Hauptstraße, durch dunkle, verdreckte Gassen zwischen den Behausungen. Es gab dort richtige Häuser mit befestigten Fundamenten und Wänden aus Lehm. An jeder Ecke standen Händler, die auf leeren Holzkisten fein drapiert Zigaretten anboten. Marlboro und Craven A. Dazu abgepackten Reis, grüne Orangen und kleine Dosen Tomatenmark. Keine große Auswahl, nur das Notwendigste.

Ismael kaufte eine Dose Tomatenmark und etwas Reis: »African cooking«, erklärte er schüchtern. Meine Cobos wollte er nicht. Ich folgte ihm in eines dieser befestigten Gebäude mit flachem Giebeldach aus Wellblech. Durch den breiten, überdachten Flur gelangten wir zu einem Innenhof, von dem mehrere Türen abgingen.

Der Eingang rechts endete in einem großen Raum mit Holzdecke und Lehmfußboden. Es gab zwei glaslose Fenster, notdürftig mit Fliegengitter bespannt und mit Läden verschlossen. Davor einen Ventilator mit blauen Flügelblättern. Als Schrankersatz dienten drei gelbe Kisten. An der rechten Wand stand eine gemütliche Oma-Couch, an der linken ein schmuckloses, breites Bett, unter einer abgewetzten Tagesdecke aus rotem Samt.

Ismael zündete eine Kerze an und stellte sie auf den flachen, selbstgebastelten Tisch in der Mitte des Zimmers neben eine halb volle Flasche White Horse. »African Whiskey!« Selbst gebrannter Schnaps. Er holte eine Schüssel Wasser und etwas Waschpulver, damit ich mir den Hafendreck aus dem Gesicht waschen konnte: »Blue OMO makes everything shiny!«